Epilog: Die Schreibmaschine
Ein Werkstattblick auf Autorschaft in Zeiten von KI
Diese Texte sind ein Proof of Concept. Der Beweis, dass ein Mensch im Zusammenspiel mit einer KI nicht zwangsläufig verliert, was ihn ausmacht, sondern Wege finden kann, das Eigene zu schärfen.
Sie sind eine persönliche Befreiung von Schranken. Ein Experiment, das zeigt, wie ich meine eigenen Defizite als „Schreiber“ überwinden konnte, um Gedanken, Ideen und Bilder greifbar zu machen.
Aber sie sind auch eine Angriffsfläche. Eine Einladung zur Frage: Wo in den Texten höre ich auf und wo beginnt die KI?
Was hier steht, stammt aus meinem Kopf. Die Metaphern, die Perspektiven, die Bilder – sie sind mein Werk. Die Sorgen, die Kritik, die Zweifel – das ist es, was mich umtreibt. Die KI hat sie nicht erfunden, sondern geglättet. In Form gebracht. Und dennoch war sie mir immer auch ein Resonanzraum. Sie war ein Werkzeug. Ein Verstärker. Ein Strukturgeber. Eine Erinnerung daran, dass es nicht nur darauf ankommt, was gesagt wird – sondern wie. Denn auch diese Texte brauchen eine Sprache, die trägt.
In manchen Momenten schimmerte sogar mein Humor durch – jener trockene, der oft zwischen zwei Sätzen auftaucht. Finger in die Wunde, aber mit einem Zwinkern. Die KI hat ihn erkannt, gespiegelt, weitergetragen. Nicht erzeugt, aber aufgenommen. Und bei aller Kritik, die ich an KI-Systemen übe – diese feinen Spiegelungen waren faszinierend.
Ich blicke jetzt auf meinen Projektordner: Auf Textdateien voller Notizen, Skizzen und Gedanken – als Erinnerungsstütze für mich, und als Kontext für die KI. Auf die fertigen Essays, die ich immer wieder durchgelesen habe. Und auf dutzende Chats. Stunden voller Diskussionen, Klärungen, Missverständnisse. Und auch ein paar Comic-Relief-Momente, in denen ich laut lachen musste.
Parallel dazu: der Austausch mit Menschen, deren Denken ich schätze. Dass ich dort für meine Gedanken gelobt wurde, nicht für den Stil, hat mich beruhigt, besonders in Momenten, in denen das Imposter-Syndrom anklopfte. Dieses nagende Gefühl, das viele kennen, die sich auf neues Terrain wagen. Dieses Feedback war es, das mich schließlich dazu brachte, aus einem einzelnen Essay eine ganze Serie zu machen. Das war nicht geplant. Es begann ja eigentlich nur mit einem Gedanken, ausgelöst durch eine Antwort im Support-Chat.
Bin ich der Autor dieser Texte? Ja, ohne Zweifel. Auch wenn hier eine Maschine mitformuliert hat, die Richtung kam von mir. Die Inhalte, die Haltung, die Bilder. Ich verstehe aber, wenn andere sich an dieser Verbindung reiben. Wenn sie sich fragen, was das für die Zukunft ihrer eigenen Arbeit bedeutet. Wenn sie spüren: Da verändert sich etwas.
Doch das ist genau der Punkt. Wir leben nicht nur mit Veränderung, wir leben in ihr. Und vielleicht geht es genau darum: neue Werkzeuge zu nutzen, ohne sich selbst zu verlieren. Kritisch zu bleiben, ohne ängstlich zu werden. Und herauszufinden, wie wir mit diesen Möglichkeiten gestalten, ohne uns von ihnen gestalten zu lassen.
Wie weiter?
Diese Reihe endet mit einem Epilog. Aber nicht mit einem Schlusspunkt.
Denn unvollständig ist kein Makel – sondern eine Haltung. Ein Versuch, Komplexität nicht zu glätten, sondern auszuhalten. Ein Denken, das offenbleibt – für Resonanz, Widerspruch, Weiterdenken.
Auf Substack stehen bislang die englischen Versionen der Texte.
Aber vielleicht folgen dort neue.
Vielleicht wächst dort weiter, was hier begann.
Vielleicht ist das längst geschehen.
Nicht als Fortsetzung im Takt – sondern im Vertrauen darauf, dass Unvollständigkeit kein Versäumnis ist. Sondern ein Versprechen.
Wer mitdenken will, ist willkommen.
Stuttgart, Mai 2025